Zunächst ein Versuch der Verständigung über das, worauf sich dieser Text beziehen will: Bei den kleinen Bildern handelt es sich um Arbeiten auf Papier, deren Format sich im Rahmen von 15 cm auf 25 cm hält. Das einzelne Blatt wirkt durch den unregelmäßigen Rand des Malgrundes als Ausriß aus einem größeren Ganzen.
Auf den Bildern verdichten sich unzählige Farb-partikel zu dem Eindruck einiger weniger Farben. Ihre Oberfläche erinnert an den Glanz oxidieren-der Metalle. Die Farbschichten lassen aus dem Papier einen Gegenstand mit einer Räumlichkeit werden, die der eines schweren Stoffes vergleichbar ist. Eine Beschreibung der kleinen Bilder muß zwangsläufig unzureichend bleiben, da sie dem Medium Malerei und dessen Ausdrucksmöglichkeiten so verhaftet sind, daß die Sprache ihnen nicht gerecht wird. Die kleinen Bilder machen es
aber nicht nur dem Beschreibenden, sondern auch dem Betrachter schwer, sie zu erfassen. Ihre harmonischen Kompositionen verleiten dazu, den Blick allzuschnell über sie gleiten zu lassen, ohne da-bei ihre Eigenarten entdecken zu können. Sie verlangen dem Betrachter Aufmerksamkeit ab; sie wollen „gelesen“ werden. Dies wird auch durch die kleinen Formate nahegelegt, die den Betrachtenden nicht unmittelbar in einen von ihnen selbst geprägten Außenraum einbeziehen können. Bei einem genauen Hinsehen zerfallen die zunächst statisch und glatt wirkenden Kompositionen in ein bewegtes Farbgemenge. Die Blätter sehen aus, als seien sie die zufälligen Überbleibsel eines größeren Bildes. Sie wirken wie Fragmente, die früheren Zeiten entrissen wurden.
Und wenn sie dies auch real nicht sind, sind sie es doch dem Gehalt nach. Sie sind ohne die Tradition der Malerei nicht vorstellbar. Die kleinen Bilder erzählen nichts mehr, sondern konzentrieren sich auf die Sprache der Malerei und arbeiten an ihr. Sie verweigern sich so einer Trennung von Form und Inhalt. Durch das Fragmentarische gewinnen die Bilder neben dem bewahrenden Charakter eines Dokuments die Freiheit eines eigenständigen Objekts. Die Eigenständigkeit der Papierarbeiten wird auch durch ihre räumliche Bewegtheit unterstützt. Dies entzieht die Malerei dem Zwang eines Ab-Bildes, etwas anderes als sich selbst repräsentieren zu müssen.
Die Bescheidung der Malerei auf sich selbst wird durch einen Einblick in das Funktionieren von Farbe gelohnt. Die kleinen Bilder sind Teppiche.
Klaus Wichert, 1987
Acryl auf Papier
ca. 17 x 22 cm
1987